Unsere Sprache ist mehr als ein Kommunikationsmittel. Wir denken in Sprache und wir erschaffen unsere tägliche Realität damit. Wir können Sprache so benutzen, dass wir uns lebendiger fühlen und uns ebenso durch bestimmte Sprachmuster von unserer Lebendigkeit abschneiden. Wie wir sprechen, sagt sehr viel über uns aus. Wir können z.B. voller Wertschätzung sprechen wie auch abwertend.
Mit der Art und Weise, wie wir unsere Sprache verwenden, können wir unsere innere Verfassung in Richtung Wohlbefinden verändern. Jedes gedachte und gesprochene Wort löst ein Gefühl in uns aus, nur achten wir im Alltag selten darauf. Wir denken mehr als wir fühlen. Machen Sie jetzt mal den Selbstversuch: Denken Sie a) das Wort "Überstunden" und dann b) das Wort "Liebe", c) das Wort Computer und d) das Wort Bergsee. Lassen Sie sich Zeit und achten darauf, wie Sie sich jeweils fühlen. Vielleicht ahnen Sie nun, welchen Wert eine wohlfühlende Sprache hat. Sie verbindet Körper, Seele und Geist. Im Alltag verwenden wir Sprache sehr unbewusst und oberflächlich. Die Kraftder Sprache wird frei, wenn wir sie bewusst gebrauchen und bereit sind, sie zu fühlen. Jedes Wort löst ein Gefühl aus und auch, wenn wir das nicht spüren - unser Unterbewusstsein und die unserer Gesprächspartner registrieren diese Gefühle.
Doch nicht nur auf unsere Gefühle wirkt Sprache ein, auch die Körperhaltung wird von ihr beeinflusst. Ob duSie sagen: "Es wird ein Problem sein, das in einem Tag zu erledigen" oder "Dies in einem Tag zu schaffen ist eine echte Herausforderung" ist ein Unterschied. Bei der zweiten Variante wird Ihre äußere Haltung wahrscheinlich aufrechter, Ihre Ausstrahlung präsenter und Ihre innere Haltung zuversichtlicher sein.
Druckerzeugende Worte und Redewendungen
Wie oft verwenden Sie das Wort "müssen"? "Ich muss ... erledigen, ich muss bis ... in X sein“ usw. Dieses Wort erzeugt einen starken inneren Druck, den wir dann natürlich auch nach außen ausstrahlen. Ersetzen Sie es durch "werde" oder "will".
Ein anderes druckerzeugendes Wort ist "Problem". Wie oft benutzten Sie es? Auch wenn Sie sageen: "Das ist kein Problem, das ist problemlos", unser Unterbewusstsein kennt keine Verneinungen, es hört nur "Problem" und erzeugt ein Unwohlgefühl. Ersetzen Sie Problem durch Herausforderung oder ein anderes Wort, das für Sie besser klingt.
Welche druckerzeugenden Schlüsselworte benutzen Sie noch? Durch welche Worte können Siesie ersetzen?
Unvollständige Sätze
Viele Menschen bilden unvollständige Sätze, brechen mitten im Satz ab, fangen einen neuen Satz an usw. Einem solchen Menschen zuzuhören ist ermüdend. Solche Menschen wirken konfus und desorientiert und oft sind sie es in ihrem Leben oft auch. Sie fangen viele Dinge an ohne sie zu Ende zu führen.
Oft fehlt das "Ich" in einem Satz. "Gehe jetzt einkaufen" heißt es dann. Der Sprecher kommt in seinem Satz gar nicht vor. Oft hat dies zur Folge, dass solche Leute von ihrem Umfeld übersehen werden. Sie senden hat entsprechende Signale aus.
Komplizierte Sätze
Manche Menschen verwenden komplizierte Schachtelsätze. Das gilt als ein Zeichen von Bildung. Solches Sprechen erfordert ein kompliziertes Denken. Das Fühlen bleibt dabei auf der Strecke und oft sind solche Menschen auch im Umgang sehr kompliziert. Kurze Sätze schaffen Klarheit - nicht nur in der Sprache, sondern auch in vielen anderen Lebenssituationen.
Die Satzmelodie
Üblicherweise senkst sich die Stimme am Ende eines Satzes. Manche Menschen bleiben jedoch am Satzende mit der Stimme in der Luft. Damit bleibt der Satz offen, was den Zuhörer - und auch den Sprecher - irritiert und ermüdet. Wer am Satzende keinen Punkt macht, kommt auch sonst nur selten auf den Punkt. Im Arbeitsleben rödelt er und kommt zu keinen wirklichen Ergebnissen. So zu sprechen führt dazu, dass Energie wegfließt und man sich schnell schlapp und müde fühlt – was bis zum Burnout gehen kann.
Sprachtipps
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Café und möchten einen Kaffee. Sie sagen zur Kellnerin: “Könnten sie mir bitte einen Kaffe bringen?“ Oder Sie sagen: „Bringen sie mir bitte einen Kaffee.“ Probieren Sie dies aus. Wie ist jeweils Ihre Körperhaltung und wie Ihr Gefühl?
Ein Satz in Farbe: Sprechen Sie einen Satz, z.B. eine Bestellung im Café und stellen Sie sich dabei deine Lieblingsfarbe vor. Wie fühlt sich das an?
Grammatik als Bauplan der Realität
Sprache erschafft Realität und Realität benötigt einen Bauplan. Schauen wir uns an, welche Rolle die Grammatik dabei spielt und wie kleine Änderungen im Satzbau Auswirkungen auf das Denken, Sprechen und Handeln von Menschen haben.
Beginnen wir mit den Zeiten. Fehlt es Ihnen oft an Zeit? Beschränken Sie sich in Ihrer Alltagssprache aus Präsens und Perfekt? Viele Menschen tun dies. Sprechen Sie mal folgende Sätze: 1. „Das neue Projekt hat mir gestern viel Stress bereitet“ und 2. „Das neue Projekt bereitete mir gestern viel Stress“. Nun nutzen Sie Ihre Feinwahrnehmung. Wie fühlen sich die beiden Sätze an? Spüren Sie einen Unterschied? Was passiert ist folgendes: Der 1. Satz ist Perfekt. Das Perfekt ist nah und kann Gefühle aufwirbeln. Es steht für Handlungen in der Vergangenheit, die in die Gegenwart hineinreichen. Der 2. Satz ist Imperfekt und steht für in der Vergangenheit abgeschlossene Handlungen. Es sorgt für innere Ruhe. Übrigens: Erinnern Sie sich noch an das Plusquamperfekt? Es bezeichnet eine Vorvergangenheit: „Ich hatte meine Rede beendet und die Delegierten spendeten viel Beifall.“
Probieren Sie einige Sätze jeweils in Perfekt und Imperfekt aus und prüfen Sie, wie sie sich für Sie darstellen. Wenn Sie über ein belastendes Thema im Perfekt sprechen, lösen Sie die damit verbundenen Gefühle wieder aus und es wird Ihnen schwer fallen, die Sache hinter sich zu halten. Wenn Sie hingegen über etwas sprechen, was Siesehr begeistert hat, dann wählen das Perfekt, sonst distanzieren Sie sich von den damit verbundenen positiven Gefühlen.
Nun beschäftigen wir uns mit der Zukunft. Sprechen Sie wieder zwei Sätze: 1. „Ich besuche morgen fünf Kunden, das ist sehr anstrengend.“ Und 2.: „Ich werde morgen fünf Kunden besuchen. Das wird anstrengend werden.“ Achten Sie wieder auf die Gefühle, die mit jedem dieser Sätze verbunden sind. Spüren Sie einen Unterschied. Im 1. Satz beschreiben Sie die Zukunft in der Gegenwartsform. Damit spüren Sie den Stress von morgen jetzt schon. Menschen, die so sprechen, sind oft überfordert, haben ein schlechtes Zeitgefühl, fangen viel an ohne es zuende zu führen. Und sie leiden oft unter Stress. Kein Wunder.
Und wenn schon die Benutzung des Futur I selten ist, so ist Futur II eine echte sprachliche Rarität. Sprechen Sie folgende Sätze: 1. „Morgen Nachmittag ist Besprechung. Bis 14 Uhr habe ich die Unterlagen zusammengestellt“ und 2. „Morgen Nachmittag wird eine Besprechung sein. Bis 14 Uhr werde ich die Unterlagen zusammengestellt haben“. Wie fühlen sich die Sätze an? Satz 1 ist eine Mischung aus Präsens und Perfekt – und das für eine Handlung, die in der Zukunft stattfinden wird. Satz 2 ist die korrekte Verwendung von Futur I und Futur II.
Rettet den Genitiv
Kennen Sie das? Sie parken kurz vor einer Garage, springen in einen Laden, um eine Zeitung zu kaufen und jemand kommt rein und fragt: “Wem sein Auto ist das da draußen?“. Natürlich tun Sie so etwas nicht. Oder Sie wollen ein Ferienhaus mieten und jemand sagt Ihnen am Telefon: „Die Lage von dem Haus ist optimal“. In der Alltagssprache „ist der Dativ oft dem Genitiv sein Tod“. Dies hat Folgen.
Der Genitiv macht klar, wessen Schöpfung oder wessen Eigentum etwas ist. Er benennt die Ursache.
Aktivsätze führen zu Eigenverantwortung
Unser Denken und unser Weltbild findet sich oft in unserer Ausdrucksweise wieder. Und so wie wir denken und reden laden wir entsprechende Umstände in unser Leben ein.
Die meisten Menschen sehen sich als Opfer äußerer Umstände. Sie leben in Abhängigkeiten und führen in erster Linie die Aufträge anderer aus. Auffällig ist, dass sie oft Passivsätze verwenden (Leideform!!!). Der Handelnde gerät aus dem Blick: „Die Arbeit wurde erledigt. Der Tisch wurde gedeckt.“ Kein Wunder, dass, wer in Passivsätzen spricht, von anderen oft übersehen wird.
Aktive Menschen verwenden aktive Sätze. Derjenige, der eine Tätigkeit ausführt, erscheint in dem Satz.
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